Saturday, August 12, 2017

Die missbrauchten Liebesbriefe (1940, Leopold Lindtberg)

Es ist schon erstaunlich, dass dieser Film auch noch nach mehr als 70 Jahren zu charmieren versteht. Damit meine ich nicht charmieren im oberflächlich nostalgischer Weise, sondern durchaus positiv.
Das liegt natürlich vor allem an der großartigen Vorlage, der Novelle von Gottfried Keller. Dennoch ist ein guter Regisseur erforderlich, um aus einem großen Stoff auch einen großen Film zu machen. Leopold Lindtberg ist dies gelungen.
Wilhelm (Paul Hubschmied) ist der neue Schullehrer in Seldwyla. Er hält nicht von der Prügelpädagogik, die von seinen Vorgängern in Seldwyle praktiziert wurde. Er fördert die Kinder stattdessen und erreicht so, dass sich die Kinder nachhaltig für Bildung begeistern. Sein Nachbar ist der Nachbar Störteler (Alfred Rasser). Er ist Kaufmann, aber auch Freizeitdichter it einer unglücklichen Liebe zur Literatur. Unter seinem Pseudonym "Kurt vom Walde" werden dennoch gelegentlich seine Stücke in der Gartenlaube veröffentlicht. Seine Frau Gritli (Anne-Marie Blanc) ist eher schlichter Natur, eine gutmütige, unprätensiöse Frau. Störteler muss auf Geschäftsreise und hat nun den Einfall, Gritli schwülstige Liebesbriefe zu schreiben. Sie soll diese im gleichen Stil beantworten. Diese Aufgabe übersteigt natürlich ihre Fähigkeiten. Deshalb steckt sie Wilhelm die Briefe zu, erklärt ihm, dass das ganze ein Scherz ist und bittet ihn diese Briefe  stilgemäß zu beantworten. Wilhelm ist eine schwärmerische Natur und wähnt sich der zwar verheirateten Frau geliebt.
Als der Schwindel mit den mißbrauchten Liebesbriefen auffliegt, kommt letztendlich Herz zu Herz und Schwulst zu Schwulst.
Der Film ist angenehm natürlich - kein Überagieren, sondern eine stimmige Darstellung eines auch heute noch faszinierenden Plots. Besonders reizvoll ist der Wechsel zwischen Hochdeutsch und Schweizerdeutsch. Hochdeutsch für pathetischen Schwulst, Schweizerdeutsch als Alltagssprache.
Heute würde Störteler vermutlich seine Äußerungen in einem Blog veröffentlichen und auf "Followers" hoffen.
8/10













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