Friday, February 27, 2015

Lissy (DDR 1957) Konrad Wolf

Wie schön ist es, in Zeiten zu leben, in denen (fast) alles verfügbar ist. Als die DDR noch real vor sich hin vegetierte, hätte ich diesen Film wohl kaum sehen können? Wo denn? Im Kino vielleicht oder gar im TV? Jetzt holt man ihn sich beim Goethe-Institut und schaut ihn zu einer Zeit, die einem selbst am besten passt.
Neugierig zu sein, hat auch Schattenseiten. Allzu oft ist ein interessanter Fund ein Griff ins Klo. Manchmal gibt es auch interessante Entdeckung. Oft ist es aber: naja, geht so gerade. So auch in diesem Film. Ich hatte fast schon wieder den Titel vergessen.
Lissy Frohmeyer ist aufgeweckt, lebenslustig, mit dem Herz auf dem rechten Fleck. Aber der Überbau bestimmt den Unterbau, so ist es nun einmal, im Marxismus. Lissy wird aus dem Bahnhofskiosk entlassen, weil sie ihrem notgeilen Arbeitgeber eins aufs lüsterne Maul gibt. Auch ihr Mann wird entlassen, von einem jüdischen Arbeitgeber. Außerdem ist sie auch noch schwanger, so dass das Unheil seinen vorhersehbaren Lauf nehmen kann. Zwar versucht sich ihr Mann von den Früchten seiner ehrlichen Hände über Wasser zu halten. Das gelingt allerdings bloß notdürftig. Dann trifft er einen Kameraden, der ihn belehrt, dass der Jude an allem schuld. Und der politisch ungeschulte Einfaltspinsel glaubt das auch sofort. Er macht mit bei den Nazis und schon geht es aufwärts mit der Karriere als SA-Rabauke. Lissy hat bei alle dem zwar ein ungutes Gefühl, ein Gefühl das zu Überdruss und Abscheu wird. weil die Schläger ihren Bruder erschießen. Lissy hält eine flammende Anklage und dann ist der Film auch schon aus.
Konrad Wolf macht zwar keine plumpe Propaganda, versucht auch die Typen zu individualisieren, aber sie bleiben eben bloß Typen und werden nicht zu vielschichtigen Personen.  Wolf traut sich nicht soviel wie Falk Harnack 1951 mit dem Beil von Wandsbek (das auch vorausschauenenderweise verboten wurde). Es macht sich nicht gut, bei den Kommunisten allzu viel Individualität zu seigen.
Dabei ist dieser Film handwerklich gut und sollte eigentlich als Zeugnis dafür wie sich die DDR mit dem Nazismus auseinandersetzte gewürdigt und geschätzt werden.
Lissy bringt es deshalb, auch wegen guter schauspielerischer Leistungen auf 7/10.
Nach 111 Minuten gehen Lissy die Augen endlich auf.




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